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Muss faire Kleidung teuer sein?

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Viele denken faire Kleidung sei öko oder viel zu teuer. Wir wollen mit beiden Vorurteilen aufräumen und werfen einen Blick hinter den Vorhang der Herstellung.

Zunächst einmal die beruhigenden Worte vorweg: Fairfashion muss nicht teuer sein. Teuerer heißt nämlich leider auch nicht immer gleich besser und fairer.

Ein zentrales Problem der „Fast-Fashion“ Industrie ist das extremes Ungleichgewicht des Gewinns entlang der Wertschöpfungskette. Während große Firmen &  Labels versuchen größtmögliche Gewinne zu erzielen, bekommen die Schneidereien als kleine Subunternehmen häufig nur geringe Preise für ihre Herstellung durchgesetzt. Der internationale Preisdruck im Fastfashion-Sektor ist immens. Der ausgeübte Preisdruck wird durch die Manufaktur Bosse in Form von Billiglöhnen an die Schneider & Mitarbeiter weiter gegeben. Als Verbraucher ist es am Ende nur schwer nach zu vollziehen wie sich der Endpreis des Kleidungsstück aufgliedert. Die Profite der einschlägigen, vor allem westl. Unternehmen, die sich hier an Arbeitskraft und Zeit von Menschen bedienen, summieren sich jährlich auf Milliarden Gewinne.

Das nachfolgende Bild macht deutlich wie sich die Kosten in der Fastfashion-Industrie aufschlüsseln. Während 50% als Gewinn und Kosten des Einzelhandels verbucht werden, macht die Markenwerbung 25% aus. Die erschreckenden 1% für Lohnkosten der Schneider & Schneiderinnen macht deutlich wie ungerecht die Verteilung aktuell ist, aber auch welche Chancen hier liegen eine Veränderung herbei zu führen.

 

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Eine deutliche Lohnanhebung im Fastfashion-Sektor würde zu keiner nennenswerten Preissteigerung für den Konsumenten führen, wenn man in der Fast-Fashion Industrie auf einen Anteil der Gewinnausschüttungen und Markenwerbung verzichtet. Die Werbekampagnen machen immerhin 25% der Gesamtkosten aus. Die unverhältnismässig hohen Löhne von CEOs und Marketingagenturen machen somit einen großen Anteil des heimischen Gesamtpreis für die Konsumenten aus.Hätte jemand was dagegen mit weniger Mode-Werbung bombardiert zu werden und dafür Kleidung mit besserem Karma zu bekommen? Sicherlich nicht.

Viele Fairfashion-Labels, abseits des Mainstreams, kommen sehr gut ohne große Werbekosten aus. Und dort wo Idealismus gelebt wird und mit echtem Herzblut gearbeitet wird, dürfen meist auch die Gewinne kleiner ausfallen. Hierdurch eröffnet sich hier ein großer Spielraum für eine faire Verteilung vom Kunden zurück zum Produzenten.

Wir sind der festen Überzeugung und versuchen mit Nomadic Affairs vorzumachen, dass faire Mode so für jeden erschwinglich ist. Viele kleine Labels arbeiten mit kleinen Familienbetrieben zusammen, die unter fairen Bedingungen in kleinen Auflagen arbeiten. Während globale Player ständig um Erweiterung und Expandierung bemüht sind, arbeiten diese kleinen Labels mit Herzblut und zahlen ihren Schneidern einen fairen Lohn ohne sich selbst die Taschen voll zu machen. Oft kennt man sich seit Jahren persönlich und teilt man den Kuchen gerne bei ein paar Gläsern Chai gerecht auf.

Durch den Verzicht auf groß angelegte Betriebsstrukturen, den Verzicht auf ständige Expansionspläne lassen sich enorme Kosten einsparen und auch mit kleinem Werbebudget ein treuer Kundenstamm aufbauen, der das Auskommen kleiner Labels sichert. Während kommerzielle Labels 25% in Werbung und teure Karibik-Fotoaufnahmen stecken arbeiten kleine Labels lokal ohne diesen Aufwand und mit direktem Draht zum Hersteller. Wodurch die Kosten entlang der Wertschöpfungskette gesenkt werden und dem Kunden zu gute kommen können.

Zugegeben es erfordert für Konsumenten ein wenig Recherche und es ist nicht so leicht faire Mode aufzuspüren, wie die großen Geschäfte in der Innenstadt entlang zu schlendern, doch wenn man sich seinen fairen Kompass einmal zusammen gestellt hat erweitert er sich automatisch um neue Himmelsrichtungen und man lernt schnell zwischen kleinen Labels mit Herz und kommerziellen Greenwashing zu unterscheiden.

Neben fairer Kleidung sind auch 2nd Hand Shopping und Upcyling gute Lösungen um den Kleiderschrank nachhaltiger zu gestalten. In Köln gibt es zudem die „Kleiderei“, die Kleidung monatsweise vermietet. Es gibt inzwischen viele neue Konzepte, die sich fernab des Mainstreams bewegen und nur darauf warten von dir entdeckt zu werden.

Dabei muss man sich nicht unbedingt nur auf Siegel verlassen. Viele lokale Geschäfte und kleine Onlineshops gewähren dir inzwischen Einblicke hinter die Kulissen, so dass du dir einen guten Überblick verschaffen kannst, wer deine ethischen Grundsätze vertritt.

Ich finde es fühlt sich immer wieder toll an, wenn man ein ausgefallenes Kleidungsstück findet, mit dem man nicht nur seine Persönlichkeit unterstreichen, sondern auch seinen Idealismus ausleben kann.

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Warum Fashion Revolution?

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Bei der Fashion Revolution geht es nicht nur um Transparenz, sondern auch um eine radikale Abwendung von der Fast-Fashion-Industrie mit all seinen Prinzipien und Marktmechanismen. Inzwischen werden in Deutschland pro Kopf 28 kg Kleidung im Jahr gekauft, davon werden 14 kg noch im selben Jahr weggeschmissen.

Der Massenkonsum hat ein Ausmaß erreicht, dass wir uns mit bloßem Menschenverstand nicht mehr vorstellen können. Wenden wir uns den vielen, langfristigen Schäden durch diesen extremen Konsum für Mensch und Natur zu, wird jedem bewusst, dass wir so nicht weiter machen können.

Es ist endlich Zeit Kleidung seinen Wert zurück zu geben. Ein mit Liebe gemachtes Kleidungstück wieder über Jahre als Lieblingsstück zu hüten, in die Welt zu tragen, zu reparieren und ihm Tränchen nach zu weinen, wenn man es vor lauter Aufregung im Zug liegen lässt.

Fastfashion wird leider, wie der Name bereits sagt, nur zum Wegwerfen produziert. Das Glücksgefühl hält also in etwa so lange an wie das eines Fastfood Hamburgers. Der baldige Neu-Konsum ist in Form von mangelnder Qualität und Nachhaltigkeit bereits mit einkalkuliert und erwünscht. Der mißmutige Beigeschmack beginnt hier bereits im Zuschnitt. Schneider/innen, die zu unwürdigen Löhnen, zu menschenverachtenden Uhrzeiten, unter katastrophalen Bedingungen arbeiten müssen um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, treffen auf Kunden, die sich mit dieser minderen Qualität und den Bedingungen der Herstellung abfinden und arangieren sollen.

Die Mode-Industrie hat uns Jahrezehnte lang im Rahmen ihrer Outsourcing Maßnahmen weiss gemacht, Kleidung habe keinen nennenswerten Wert mehr. Fastfashion und Billigproduktionen wurden so salonfähig gemacht. Dass wir Sechs Mal im Jahr neue Trends benötigten und ein Kleid 2x zu tragen nicht nur echt uncool sei, sondern auch richtig unsexy sei. So wird dem Kunden suggeriert er benötige keine Qualitätsware mehr. Kleidung als reiner Wegwerf- und Konsumartikel.

Doch Moment mal! Wie kann ein T-shirt nur 4,99 Euro kosten und dabei alle Kosten für Material, Herstellung inkl. den langen Wegen decken?

faire-mode-fairfashion-hippie Dass die internationale Arbeitsteilung im Textil-Sektor der Großbetriebe mit ihren Dumping Preisen teils zu einem menschenunwürdigen Arbeitsalltag vieler Menschen führt, scheint den großen Firmenbossen schlichtweg nicht so wichtig wie ihre Kapitalinteressen. Hier wird der Mensch weniger mit moralisch-ethischen Grundsätzen betrachtet, als dem Faktor „Arbeit“ den es zu berechnen gilt.

Und so scheint es Teil eines fein kalkulierten Zahnrads, dass neben den menschlichen, moralischen Aspekten unter dem System auch die Qualität der Kleidung immer weiter leidet. Dieser Umstand wird genutzt, um die Verbraucher zu immer neuem Konsum anzutreiben. So ensteht ein Kreislauf, der sich in den letzten Jahrzehnten immer schneller multipliziert.

Dass die stattfindende Preis-Abwärtsspirale gemeinsam mit immer schnelleren Trends den Massen-Konsum und damit Massen-Produktionen Aufwind gibt, ist Hauptangelpunkt, wenn wir über die Wertigkeit unserer Kleidung nachdenken und welche Rolle wir als Konsumten an dieser Stelle haben. Die Textilbranche kann sich nicht alleine wieder auf ein gesundes Niveau regulieren. Die Revolution muss von allen Seiten, vorallem auch von uns als Verbraucher, kommen. Das Rad zu durchbrechen ist schwer, jedoch möglich. Marktbeobachtung und bewusste Kaufentscheidungen des Verbrauchers gleichen hier einem politischen Stimmzettel.

Deswegen ist Transparenz für die Textilindustrie und Slowfashion Bewegungen wie die Fashionrevolution so wichtig. Nur durch Transparenz kann der Kunde zurück verfolgen von wem und unter welchen Umständen die eigene Kleidung produziert wurde.

Kleine faire Familienbetriebe können hier mit gutem Beispiel voran gehen und Shopping Alternativen für einen bewussten Kleiderschrank bieten. Wir hoffen, dass die Verbraucher langfristig wieder ausreichend Nachfrage für faire Kleidung erzeugen. So dass große Unternehmen durch steigende Nachfrage und Marktdruck gezwungen werden, kleinen Betrieben & Labels zu folgen und sich zurück besinnen. Daher ist ein großer Teil der Arbeit als „Fairfashion-Label“ auch Aufklärungsarbeit. Bei den Kunden, Mitarbeitern und den Zulieferer Betrieben. Der bereits stattfindene Wandel in den 10 Jahren unserer Tätigkeit ist immens und ist immer wieder erfreulich.

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Ob die Kleidung nach den eigenen ethischen Grundsätzen hergestellt wurde, ist heute vielen Menschen viel wichtiger geworden.

Früher war es leichter bei den einschlägigen Modeketten der Fastfashion-Industrie einzukaufen und dabei den Menschen hinter der Kleidung auszublenden. „Ach nur ein Bikini“ „Ein Paar Socken“. Seit dem Einsturz des Rana Plaza in Bangladesh 2013 können wir uns nicht mehr in den blinden Fleck verkriechen. Vorbei sind die Zeiten, in denen wir nicht wissen was hinter den Vorhängen der großen Industrien passiert.

Heute wissen wir auch wer es besser macht. Wer Mitarbeiter, Umwelt und Ressourcen schont und Kleidung mit Liebe herstellt, die nicht für einen Sommerabend gemacht sind. Sondern so wie früher um Geschichten zu sammeln, Anekdoten zu erzählen, um weiterverschenkt, vertrödelt oder an die liebste Schwipschwägerin verschenkt zu werden. Und dabei mit ruhigem Gewissen und gutem Karma auf deiner Haut liegt.

Denn es ist oft nicht die Masse der Dinge, sondern die Wundersamkeit des Einzelnen.