Die Textilbranche im Corona-Schock

corona-textil-branche-lieferkette-fairfashionWährend in den westl. Ländern die meisten durch Kurzarbeit, Soforthilfe oder sozialen Absicherungen unterstützt werden, kämpfen in Asien viele Mitarbeiter der Textilindustrie um die Grundsicherung ihrer Lebensgrundlage.

Wenn eine Branche wie die Fast-Fashion Industrie, die an einem normalen Tag soviel Elend erzeugt, in eine Krise wie Corona rutscht, kann man sich das Ausmaß des Elends nahezu nicht vorstellen.

Während internationale Lieferketten zusammen gebrochen sind, haben viele, auch aufgrund der aktuellen Ausgangssperren, von heute auf morgen ihren Job verloren. In den Fastfashion Betrieben gibt es weder Sozialversicherungen noch Lohnweiterzahlungen, so dass viele Menschen, die die Kleidung für einschlägige Weltunternehmen produzieren, in ihrer Not gerade häufig alleine gelassen werden.

Während Fairfashion Betriebe bei ihren, zumeist kleinen Manufakturen, die Kosten für Material und Lohn zusammen mit der Beauftragung bezahlen, wird im Fairfashion Sektor erst mit der Fertigstellung der Produktion bezahlt. Dies hat in der aktuellen Corona Krise dazu geführt, dass viele asiatische Manufkaturen die Kosten für Material & Lohn vorgestreckt haben und nun aufgrund der Lieferbeschränkungen nach Europa die Investition nicht zurück bekommen.Und dass, obwohl die Manufakturen diese Gelder aktuell dringend für ihre Mitarbeiter & Familien benötigen. Diese Verweigerungshaltung der riesen Konzerne verschärft die Situation enorm. Es sind namenhafte Unternehmen, die sich um Mitmenschlichkeit und Fairness in dieser Krise winden, teils mit grüner Werbung. Wir dürfen hier nicht wegschauen, denn das betrifft uns alle!

corona-textil-branche-fair-fashionWährend es Mode-Riesen wie Adidas, H&M und Nike, nach Druck aus der Fairfashion-Industrie gelungen ist ihre fertiggestellten Bestellungen zu bezahlen, gibt es Riesen wie C&A, Gap, Primark & Outfitters, die sich um eine Zahlung ihrer, teils bereits produzierten, Kleidung winden. Anbei findest du eine Übersicht welche Unternehmen noch nicht bezahlt haben. (Stand Anfang April)

Darüber hinaus gibt es Updates über die Seite von Workersrights, den Covid-Tracker findest du hier.

So sind inzwischen z.b. Marken wie Kiabi, Target & Inditex dem enormen Druck der vielen Kampagnen gefolgt und haben die Zahlung ihrer Aufträge inzwischen nachgeholt. Die aktuelle Krise zeigt wieder, dass viele Dinge nicht geschehen, wenn wir sie nicht geschehen lassen und wie groß unsere globale Verantwortung in einer globalisierten Welt füreinander ist und wie groß unser Einfluß gemeinsam sein kann.

Während wir eine Menge mehr Zeit Zuhause und mit der Familie verbringen, haben 2 Millionen Menschen aus dem informellen Sektor keine soziale Absicherung, Krankenversicherung und viele keine Möglichkeiten Social Distancing einzuhalten.

Große Unternehmen der Fastfashion Industrie fahren mit ihrer schnellebigen Arbeitsweise jährlich Milliarden Gewinne ein. Es ist an der Zeit, dass sie Mitverantwortung übernehmen und ihren Werbeversprechen nachkommen. Kleine Labels, Iniativen & NGOs, die sich für ein faires Miteinander einsetzen können diese Milliardensummen nicht auffangen, deswegen ist hier der Schwarm gefragt.

hippie-mode-soziales-projekt-fundraisingTake Action!

Fordere die Unternehmen aktiv auf ihre Aufträge zu bezahlen. Mache sie darauf aufmerksam, dass wir wissen, dass hier millionenschwere Unternehmen dazu beitragen, dass Millionen von Menschen in Asien in die Armut getrieben werden und viele gerade hungern, während die Mode Industrie versucht sein trügerisches Glanz und Glamour Bild aufrecht zu erhalten. Es gibt bereits jetzt Silberstreifen am Horizont, dass manche Unternehmen ihre Verantwortung in der globalen Krise annehmen. So haben Unternehmen wie Prada und Armani für die Notlage gespendet. Vielleicht schaffen wir es weitere zu überzeugen, dass wir gerade jetzt global zusammen stehen sollten.

Du kannst die Unternehmen mit einem der vielen Musteranschreiben direkt kontaktieren oder sie im Social Media verlinken und dort auffordern ihre offenen Rechnungen für die Sommerkollektionen zu begleichen.

Die meisten Mitarbeiter der Fastfashion Industrie können von ihrem Lohn keine Rücklagen bilden und sind in dieser schwierigen Phase ohne Sozial- und Krankenversicherung häufig völlig auf sich selbst gestellt.

Es ist wichtig, dass wir gemeinsam Solidarität zeigen.

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Was tun wir?

Nomadic Affairs wurde in Indien von Corona überrascht, so musste ich aufgrund der Ausgangssperren von heute auf morgen das Land verlassen. Es war Glück im Unglück es noch nach Hause zu schaffen. War es so wichtig für mich das Land unter diesen Bedingungen zu sehen, um diese Eindrücke und Informationen mit nach Europa zu bringen und eine Brücke zu bilden.

Zunächst vorne weg, unseren Schneideren geht es gut. Sie werden von den kleinen Manufakturen weiter mit Geld versorgt und manche Manufakturen haben sogar Spielraum um selber zu Spenden. Mein Herz springt beim Gedanken wie groß der Unterschied zur Fastfashion Industrie sein kann. Sollte der Lockdown nochmals verlängert werden, eröffnen wir einen zusätzlichen Gehaltstopf von Deutschland aus, bei dem wir auf eure breite Unterstützung in Form von Trinkgeldern hoffen. Die Dankbarkeit für die schönen Schätze der letzten Jahre bei Nomadic Affairs ist unermesslich und es ist wichtig nun füreinander da sein zu können.

Rund 80% unser Sommerkollektion ist noch vor dem Shutdown fertig gestellt worden. Wie es um die anderen Aufträge steht und wann überhaupt wieder versendet werden kann, erfahren wir leider erst in den kommenden Wochen. Einer der Aufträge wurde seitens der Manufaktur auf Eis gelegt. Wir haben vereinbart, dass wir die Sachen gerne noch hätten, notfalls auch gerne für die kommende Sommerkollektion 2021. Wir haben hier eine gemeinsame Vereinbarung getroffen, dass ich die Deposit als Puffer für weitere Spenden halte und die Manufaktur mich bei Engpässen in ein paar Monaten jederzeit um Geld bitten kann. Die neue Yogakleidung wartet derweil geduldig am Flughafen auf die Freigabe der Exportrouten.

Wir haben unsere Materialien und Schneider im Vorraus bezahlt und stehen fast in täglichem Kontakt zum Netzwerk um immer auf dem Laufenden zu bleiben und im Notfall einspringen zu können. Viele meiner lokalen Freunde haben Sorgen und Zukunftsängste. Es ist wichtig gemeinsam mit ihnen zu überlegen, wie es nach Corona weitergehen kann und dabei gedankliche, bertriebswirtschaftl. Hilfestellungen zu leisten und Hoffnung zu geben.

Über unsere Crowdfunding Aktion für das Learn for Life e.V. auf Betterplace.org konnten wir zusammen mit euch schon mehr als 250€ sammeln (ca. 830 Mahlzeiten) und eine weitere Emergency Spende von Nomadic Affairs über 2.222€ Euro ist auf dem Weg nach Indien. Das „Learn for Life“ Projekt leistet gerade wahnsinnige Arbeit beim Verteilen von Essen und der Produktion von Atemmasken für die Slums von Varanasi & Neu Delhi. Hierbei die vielen neuen Sicherheitsvorraussetzungen zu erfüllen und anzulernen, erfordert einen großen Einsatz und ich ziehe meinen Hut vor dem gesamten Team!

Und danach?

Viele von euch erinnern sich an meine persönliche Betroffenheit beim Erdbeben von Nepal. Damals waren viele meiner Freunde & Kollegen in Nepal gestrandet und berichteten immer wieder von der ausbleibenden Hilfe in den Dörfern. Vor allem auf den Kölner Märkten versuchte ich, so viele Menschen wie möglich auf die Probleme aufmerksam zu machen, die in der Presse damals so untergingen. Mit den gesammelten Spenden konnten wir kleine Projekte unterstützen und meine Motivation für den Laden wurde auf ein völlig neues Level getragen. War mit diesem Notfall wieder deutlich geworden, wie wichtig die Arbeit und das soziale Konzept von Nomadic Affairs ist.

In der Corona Krise empfinde ich ein ähnliches Ausmaß persönlicher Betroffenheit, vorallem weil ich die Anfänge vor Ort miterlebt habe und bis zum Shutdown gemeinsam mit den Manufakturen über die Unsicherheiten und kommenden Herrausforderungen sprechen konnte. Es vergeht kein Tag an dem ich nicht gedanklich mit einem Fuß in meiner zweiten Heimat am Ganges stehe.

Aktuell ist eine Grenzöffnung nicht in Sicht, doch sobald die Grenzen öffnen werde ich zurück nach Indien reisen und meinen Manufakturen und dem Learn for Life Projekt beim Wiederaufbau der Strukturen helfen.

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